kritMed Vernetzungstreffen 2023
Wir fliegen ins All, transplantieren Organe und leben längst in einer durchdigitalisierten Welt. Doch in Sachen Verhütung scheinen wir in den 1960er Jahren stecken geblieben zu sein: Seit der Marktzulassung der Pille hat sich wenig getan, Verhütung ist „Frauensache“, samt körperlichen, seelischen und finanziellen Begleiterscheinungen. Studien an männlicher Verhütung wurden abgebrochen, und zwar aufgrund von Nebenwirkungen, die für hunderte Millionen von Frauen buchstäblich zum Alltag gehören. Sind wir als Gesellschaft nicht weiter?
Zunehmend Männer wollen Partner:innen von den Nebenwirkungen herkömmlicher Kontrazeptionsmethoden entlasten. Seit 2018 wird eine Bewegung von jungen Menschen lauter, die sich nach Reformen seht. Männer aus Frankreich haben nach Möglichkeiten gesucht, am eigenen Körper zu verhüten – und nach passenden Methoden gefunden.
“Überfällig” ist ein progressiv-witziger Zeitgeisttext, der das Thema Verhütung in einen größeren Kontext von machtpolitischen Fragen setzt, Geschlechterpolitik mit antirassistischen und ökologischen Diskursen verbindet und medizinische Forschungslücken beleuchtet.
Bestandsaufnahme, Kritik und Lösungsvorschläge
In dem Vortrag soll die Struktur der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung mit Fokus auf die Bedarfsplanung besprochen werden. Es wird auf andere Professionen im ambulanten Bereich (Heilmittelerbringende, Apotheken, Pflege, Hebammen etc) eingegangen und auf Probleme des weitestgehend privatwirtschaftlich organisierten Sektors eingegangen, um anschließend über Lösungsansätze in Utopie und Realpolitik zu diskutieren.
Michael Janßen ist FA für Allgemein Medizin, vdää* Vorstand und aktiv beim Gesundheitskollektiv Berlin und Poliklinik Syndikat
Wir werden uns sowohl mit Definitionen und allgemeinen „queeren“ Themen auseinandersetzen, haben aber auch etwas zur „Diskriminierung bzw. Umgang von und mit queeren Personen im Gesundheitswesen“ eingeplant. Das werden wir uns dann aus verschiedenen Perspektiven anschauen und diskutieren.
SCHLAU Münster (3h)
Ein Vortrag gegen sexistische und sexfeindliche Benennungen von Vulva und Vagina.
Schon mal darüber nachgedacht, was du über das „Jungfernhäutchen" weißt? Was hast du im Medizinstudium gelernt? Oder hast du folgenden Satz schon einmal im Biologiebuch gelesen: „Manchmal wird ein intaktes Jungfernhäutchen als Zeichen dafür gesehen, dass eine Frau noch Jungfrau ist, also noch keinen Geschlechtsverkehr mit einem Mann hatte."
Oder davon gehört, dass Schmerzen beim „ersten Mal" und sogar Blutungen „normal" seien für die Person mit Vagina, da die „jungfräuliche" Vagina erst von einem Penis geöffnet werden muss?
Oder schon mal mitbekommen, dass eine Vagina nach einer vaginalen Geburt wieder enger genäht wird, da diese „ausgeleiert" ist? Oder kennst du Eltern, die Vulva und Vagina ihres Kindes beim Waschen aussparen, um „dort unten" nichts zu verletzen?
Oliwia Hälterlein benennt in ihrem Vortrag anhand dieser Fragen die tiefen Wurzeln und komplexen Auswirkungen des Mythos „Jungfernhäutchens" in ganz unterschiedlichen Lebens- und Leidensbereichen. Mit dem Ziel: Die Mythen rund um Vulva und Vagina anhand anatomischer Fakten und neutraler, anatomisch-korrekter und trans*-inklusiver Sprache zu entmystifiziert und neue Handlungs- und Sprechstrategien zu vermitteln.
Oliwia Hälterlein (sie) ist Autorin, Dramaturgin und Konzeptionistin von künstlerischen und soziokulturellen Projekten. Sie hat 2020 „Das Jungfernhäutchen gibt es nicht" (Maroverlag) geschreiben und einen TEDxTalk dazu gehalten. Als Gründungsmitclit von AUFGEKLÄRT?! veranstaltet sie Workshops und Aktionswochen zu Feminismus, sexuellen Bildung sowie Feministischer Pornographie. Sie kämpft mit anatomischer Realität gegen den Mythos „Jungfernhäutchen" und für die Entschamisierung der Vulvasphäre.
Sie schreibt gerade am Deutschen Literaturinstitut Leipzig an ihrem Debütroman.
www.oliwiah.de / Insta: @oliwia_strange /
Ted Talk "Das Jungfernhäutchen gibt es nicht" /
www.aufgeklaert.org / Insta: Aufgeklärt?!
Und die Credits zu den Bildern: MaroVerlag & Aisha Franz
Ob Menschen gesund oder krank sind, hängt nicht nur von ihrem individuellen Verhalten und ihren körperlichen Voraussetzungen ab, sondern auch von den gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen sie leben. Soziodemographische und sozioökonomische Daten zeigen: Wer arm ist, ist häufiger krank und lebt kürzer.
Als Teil des deutschlandweiten Netzwerkes Poliklinik-Syndikat entwickelt die Gruppe SoliMed Köln e.V. konkrete Alternativen zur jetzigen Gesundheitsversorgung. Wir freuen uns über Euer Interesse und Eure Fragen!
Im Schatten der Pandemie. Die Weltkrise ist immer auch Gesundheitskrise.
Anne Jung von medico international beschäftigt sich mit der Ungleichverteilung von Macht und den Auswirkungen des Kapitalismus auf Gesundheitssysteme weltweit. Das war schon vor der Covid-19-Pandemie ein Problem, welches dadurch nur noch offensichtlicher wurde. Im Vortrag wird es um die politischen Bedingungen von Gesundheit sowie die notwendigen Bedingungen dafür, dass das Menschenrecht auf Gesundheit auch tatsächlich umgesetzt wird, gehen.
Einführung in die Thematik und Erlernen von Strategien um Rassismus im medizinischen Alltag zu erkennen. + Quellen zur selbstständigen Auseinandersetzung mit Rassismus
Leave no one to die - zivile Seenotrettung im zentralen Mittelmeer
Ich bringe Erfahrungen und Fotos mit aus meinen Einsätzen auf dem Seenotrettungsschiff Sea-Eye 4 und der Vorstandsarbeit des Vereins, ihr Fragen, Kritik und Ideen. Lasst und ausgehend vom konkreten Beispiel diskutieren über die adäquate Ernährung bei limitierten Ressourcen, medizinische Versorgung auf einem Schiff, die neue Reform des europäischen Asylsystems (GEAS), die politische Wirkung solcher zivilgesellschaftlicher Initiativen oder White Savourism - je nachdem welche Fragen ihr so mitbringt. Ich freue mich auf euch!
Vera Scheuermeyer, Sea Eye
https://sea-eye.org/informieren/sea-eye
Gewerkschaftsarbeit im Krankenhaus - bringt das was und wie funktioniert das überhaupt? Seid Ihr auch verwirrt, was Ver.Di im Krankenhaus macht und wie Ihr Euch sinnvoll engagieren könnt?
Jörg Wiesenfeldt, angestellter Neurologe, Mitglied in der Personalvertretung in einem Krankenhaus und aktiv bei Ver.Di berichtet von seinen Erfahrungen. Er gibt einen kurzen Input zur Geschichte und Bedeutung von Gewerkschaftsarbeit im Gesundheitswesen und erklärt, was unsere Rechte bei Verhandlungen mit den Arbeitgeber*innen sind und wir uns im Krankenhaus für einen gemeinsamen Arbeitskampf organisieren können. Im Anschluss ist Zeit für Diskussion und Vernetzung.
Das französische Kollektiv ist gerade auf Europa-Tour, um sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit beim Thema Verhütung einzusetzen und kommt auch zu uns nach Münster. Im Workshop wird die thermische Verhütensmethode für Menschen mit Hoden erklärt und wir diskutieren die gesellschaftliche Bedeutung davon. Im praktischen Teil geht es darum, wie die Anwendung des Andro-Switch-Rings und des Thermo-Slips funktioniert und dann können die verschiedenen Hilfsmittel angeschaut und ausprobiert werden.
Der Workshop findet auf Englisch statt.
Vorstellung von ROSA e.V.
ROSA e.V. ist ein gemeinnütziger Verein der sich für Frauen auf der Flucht einsetzt und das Thema Gender und Flucht auch in Deutschland politisch sichtbarer machen möchte. Seit März 2022 sind wir mit einem ausgebauten LKW in Griechenland unterwegs und versuchen vor Ort einen Safe Space zu schaffen. Dort werden Workshops, Kinderbetreuung und medizinische Beratungsangebote etc. angeboten.
Weibliche Genitalverstümmelung bezeichnet die teilhafte oder vollständige Amputation der Vulva. Hierbei handelt es sich nicht um einen medizinisch begründeten Eingriff, sondern um ein Ritual, das in den meisten Fällen ohne jegliche Betäubung und unter katastrophalen hygienischen Bedingungen durchgeführt wird. Weltweit sind über 200 Millionen Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen – mehr als 100.000 davon leben in Deutschland. Dennoch ist die Versorgungslage miserabel. Um das zu ändern, wollen wir mit euch über die Auswirkungen von FGM und die Möglichkeit einer Vulva-Rekonstruktion sprechen. Außerdem wird Khadra Ali-Mohamed als Betroffene ihre persönliche Geschichte mit uns teilen. Lasst uns gemeinsam lernen, damit wir Betroffenen besser helfen können!
Aktivismus nachhaltig gestalten – Wie wir uns für eine gesündere Gesellschaft einsetzen und dabei selbst nicht untergehen
Von Angst über Wut bis hin zum Optimismus haben all diese Emotionen ihren psychologischen Nutzen für den Umgang mit Krisensituationen. Beeinträchtigen sie jedoch den Alltag der Betroffenen, besteht dringender Handlungsbedarf, etwa durch beratende oder therapeutische Unterstützung. Aber auch eine erhöhte Sensibilität und Entstigmatisierung können einen wichtigen Beitrag leisten, damit Engagierte einen guten Umgang mit den emotionalen Herausforderungen finden. In unserem Workshop laden wir dazu ein, sich in einer vertraulichen Atmosphäre über die persönlichen Erfahrungen mit Belastungen im Aktivismus und Umgangsformen hiermit auszutauschen. Was sind mögliche Bewältigungsstrategien zur Stärkung der eigenen und kollektiven Resilienz? Und wie können wir unseren Emotionen begegnen, um nachhaltig gesund aktiv zu bleiben?